Sachsen steht wirtschaftlich stark da: Der Freistaat ist einer der führenden Industriestandorte in Ostdeutschland, treibt die Digitalisierung voran und zieht zunehmend internationale Unternehmen an. Doch der wirtschaftliche Erfolg bringt auch eine Herausforderung mit sich: der Fachkräftemangel. Wie in vielen Regionen Deutschlands fehlt es an qualifizierten Arbeitskräften – von Ingenieur:innen und IT-Spezialist:innen bis hin zu Pflegekräften und Handwerker:innen.

Um diesen Bedarf zu decken, setzt Sachsen zunehmend auf internationale Fachkräftezuwanderung. Doch wie attraktiv ist der Freistaat tatsächlich für Talente aus dem Ausland? Was wird unternommen, um sie zu gewinnen – und welche Hürden gibt es?

Dieser Beitrag beleuchtet Sachsens Rolle im Wettbewerb um kluge Köpfe aus aller Welt.

Warum Sachsen Fachkräfte aus dem Ausland braucht

Der demografische Wandel trifft Sachsen besonders stark:

  • Die Bevölkerung im erwerbsfähigen Alter (20–65 Jahre) wird bis 2035 voraussichtlich um rund 10–15 % sinken.
  • Schon jetzt sind laut IHK Sachsen über 70.000 Stellen unbesetzt – Tendenz steigend.
  • Besonders betroffen sind Industrie, Handwerk, Pflege und IT.

Um diese Lücke zu schließen, setzt Sachsen auf gezielte Zuwanderung aus dem Ausland – sowohl aus EU-Ländern als auch aus Drittstaaten.

Internationale Fachkräfte in Sachsen – aktuelle Situation

Kennzahl Wert Entwicklung Quelle
Ausländische Beschäftigte in Sachsen ca. 160.000 +12 % gegenüber 2022 Statistisches Landesamt Sachsen
Anteil ausländischer Beschäftigter an allen Erwerbstätigen 8,7 % steigend IHK Sachsen
Wichtigste Herkunftsländer Polen, Tschechien, Vietnam, Indien, Ukraine stabil BAMF
Sektoren mit höchstem Bedarf Pflege, Bau, Maschinenbau, IT, Gastronomie wachsend Bundesagentur für Arbeit

Vor allem Fachkräfte aus Osteuropa und Asien tragen entscheidend zum Arbeitsmarkt bei – in der Produktion, Logistik, IT oder im Gesundheitswesen.

Warum Sachsen für internationale Talente interessant ist

Sachsen bietet im Vergleich zu westdeutschen Ballungsräumen zahlreiche Vorteile:

Wirtschaft & Karriere

  • Starke Branchencluster: Automobil, Halbleiter, Maschinenbau, Energie, Life Sciences
  • Wachsende Forschungslandschaft mit TU Dresden, HTWK Leipzig, TU Chemnitz
  • Hoher Bedarf an Fach- und Führungskräften in Hightech-Sektoren

Lebenshaltungskosten

  • Mietpreise 20–30 % unter dem Bundesdurchschnitt
  • Hohe Lebensqualität, besonders in Dresden, Leipzig und Chemnitz
  • Gute Balance aus Einkommen und Wohnkosten
  • Details unter Lebenshaltungskosten Sachsen

Lebensqualität

  • Hohe Sicherheit, geringe Kriminalität
  • International geprägte Städte (Dresden, Leipzig)
  • Vielfältige Kultur-, Freizeit- und Bildungseinrichtungen

Bildung & Familie

  • Internationale Schulen und englischsprachige Studiengänge
  • Gute Kinderbetreuung und Bildungssysteme
  • Familienfreundliches Umfeld, mehr unter Familien Sachsen

Hürden und Herausforderungen

Trotz der Fortschritte bleibt die Integration internationaler Fachkräfte in Sachsen herausfordernd.

  1. Anerkennung von Abschlüssen
    Viele ausländische Qualifikationen werden nur teilweise anerkannt. Das Verfahren ist oft bürokratisch und langwierig.
  2. Sprachbarrieren
    Deutschkenntnisse sind in vielen Betrieben Voraussetzung – insbesondere im Handwerk oder in der Pflege. Englischsprachige Arbeitsplätze gibt es vor allem im IT- und Forschungsbereich.
  3. Wohnungsmarkt & Integration
    In Großstädten wie Leipzig oder Dresden steigt der Druck auf den Wohnungsmarkt. Auch soziale Integration (Vereine, Freizeit, Nachbarschaft) erfordert gezielte Unterstützung. Siehe auch Umzug nach Sachsen.
  4. Informationsdefizite
    Viele internationale Bewerber:innen wissen wenig über Sachsen als Arbeits- und Lebensort. Nationale Werbung konzentriert sich häufig auf Bayern oder Nordrhein-Westfalen.

Initiativen & Programme zur Fachkräftegewinnung

Der Freistaat Sachsen und seine Partner setzen verschiedene Programme ein, um internationale Talente zu gewinnen und zu halten:

Programm / Initiative Träger Zielsetzung Webseite
„Zukunft Sachsen“ – Fachkräftestrategie 2030 Staatsministerium für Wirtschaft, Arbeit & Verkehr Gesamtstrategie zur Fachkräftegewinnung in Sachsen: Ausbildung, Zuwanderung und Bindung von Arbeitskräften. buergerbeteiligung.sachsen.de
Welcome Center Dresden Kommunen / Freistaat Sachsen Unterstützt internationale Fachkräfte bei Ankunft, Wohnungssuche, Behördengängen und Integration. welcome.dresden.de
Make it in Germany Bundesregierung / Bundesagentur für Arbeit Zentrale Informationsplattform für internationale Fachkräfte zu Visa, Jobs und Leben in Deutschland. make-it-in-germany.com
Work in Leipzig Stadt Leipzig Marketing- und Serviceplattform zur Gewinnung und Betreuung internationaler Talente in der Region Leipzig. work-in-leipzig.de
Fachkräfteallianz Sachsen Freistaat Sachsen / Wirtschaftskammern Vernetzung von Unternehmen, Behörden und Bildungsträgern zur Fachkräftesicherung und Weiterbildung. heimat-fuer-fachkraefte.de

Diese Angebote sollen helfen, Ankommende zu begleiten – von der Visa-Beschaffung bis zur Integration in den Arbeitsmarkt.

Beispiel: Wie ein Ingenieur aus Indien in Sachsen Fuß fasst

Der Maschinenbauingenieur Rahul aus Bangalore kam 2022 nach Chemnitz. Über das Programm „Make it in Germany“ fand er einen Job bei einem Automatisierungsunternehmen. Das Welcome Center Chemnitz half ihm bei der Wohnungssuche, Sprachkursen und Behördenkontakten. Heute lebt Rahul mit seiner Familie in Sachsen, schätzt das ruhige Umfeld, die Natur und die gute Anbindung nach Leipzig und Dresden.

Solche Erfolgsgeschichten zeigen, dass Integration funktioniert – wenn Strukturen, Arbeitgeber und Behörden zusammenarbeiten.

Wie attraktiv ist Sachsen im Vergleich zu anderen Bundesländern?

Bundesland Anteil ausländischer Beschäftigter Zuwanderungsdynamik Hauptbranchen Bewertung
Bayern 13 % hoch IT, Produktion, Pflege ⭐⭐⭐⭐
Berlin 19 % sehr hoch Start-ups, Dienstleistungen ⭐⭐⭐⭐
Nordrhein-Westfalen 14 % hoch Industrie, Logistik ⭐⭐⭐⭐
Sachsen 8,7 % steigend Industrie, Pflege, Maschinenbau ⭐⭐⭐
Thüringen 7,5 % moderat Handwerk, Pflege ⭐⭐

Fazit: Sachsen hat Nachholpotenzial bei internationaler Sichtbarkeit, punktet aber mit Lebensqualität, Standortkosten und Karrieremöglichkeiten.

Rolle der Unternehmen

Viele sächsische Betriebe öffnen sich zunehmend für internationale Fachkräfte. Beispiele erfolgreicher Initiativen:

  • Infineon Dresden: Internationale Recruiting-Kampagnen, englischsprachige Onboarding-Prozesse
  • Volkswagen Zwickau: Integration von Fachkräften aus 40 Nationen in der Elektromobilität
  • Uniklinikum Leipzig: Fachkräfteprogramme in Pflegeberufen mit Sprachförderung
  • Sächsisches Handwerk: Kooperationen mit Berufsschulen und Fachkräften aus Osteuropa

Zudem bieten Unternehmen Mentoring-Programme, interkulturelle Schulungen und Unterstützung bei Visa- und Familienfragen an.

Integration als Schlüssel zum Erfolg

Zuwanderung allein reicht nicht – entscheidend ist, ob internationale Talente bleiben. Dazu gehört:

  • Wertschätzung & kulturelle Offenheit
  • Familienfreundliche Strukturen
  • Vernetzung mit lokalen Communities
  • Sprache & Weiterbildung

Immer mehr Städte fördern daher Integrationsprojekte: Sprachcafés, Willkommensveranstaltungen oder Mentoren-Programme.

Ausblick – Sachsens Zukunft als internationaler Arbeitsstandort

Mit neuen Gesetzen wie dem Fachkräfteeinwanderungsgesetz 2024 und der Blue Card Reform wird die Zuwanderung erleichtert. Sachsen nutzt diese Chancen:

  • Ausbau der Welcome Center in allen Großstädten
  • Mehrsprachige Behördenportale
  • Digitale Anerkennungsprozesse
  • Kooperationen mit Hochschulen weltweit

Das Ziel: Sachsen als attraktives, weltoffenes Bundesland für Talente zu positionieren – in der Industrie, Forschung und im Dienstleistungssektor.

Fazit

Sachsen steht im Wettbewerb um Fachkräfte vor einer großen Aufgabe – und zugleich einer großen Chance. Mit starker Industrie, wachsender Internationalität und gezielten Integrationsangeboten wird der Freistaat zunehmend zu einem attraktiven Ziel für Fachkräfte aus aller Welt.

Was jetzt zählt: Bürokratie abbauen, Willkommenskultur fördern und Sachsen international sichtbarer machen. Denn die Zukunft der sächsischen Wirtschaft hängt nicht nur von Technologie, sondern auch von den Menschen ab, die sie gestalten.

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